Visual Merchandise

Sanitätshaus Göldner

Visual Merchandising: Mehr als dekorieren!

VON ELKE PARK UND HELMUT LIPPL

Beim Umbau eines Betriebes oder einem Neubau stehen meist die Raumkonzepte für Laden, Werkstatt oder Analyseräume mit ihrer Inneneinrichtung und der technischen Ausstattung im Mittelpunkt. Bei dieser Planung sollte aber schon daran gedacht werden, wie die Produkte und Dienstleistungen künftig präsentiert werden. Denn erst durch die optimale Präsentation erhalten die Produkte die nötige Verkaufsunterstützung.

Architektur ist auch Marketing und setzt sich folgerichtig im Innenraum fort. Sie kann durch Farben und Formen der raumbildenden Elemente dazu beitragen, dass ein Betrieb zu einer unverwechselbaren Marke wird. Diese Markenbildung setzt sich im Visual Merchandising fort.
Visual Merchandising – die Verkaufsförderung durch Gestaltung und Präsentation – lenkt den Kunden durch die Verkaufsfläche, schafft Kaufanreize, entschleunigt und steigert die Verweildauer und das Interesse, sich mit den ausgestellten Produkten auseinanderzusetzen. Es geht also nicht nur darum, durch die Gestaltung eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, sondern durch die Präsentation die Kunden direkt anzusprechen und auf Waren und Dienstleistungen aufmerksam zu machen.
Das vom Innenarchitekten entwickelte Raumkonzept ist nur halb so viel wert ohne ein Visual-Merchandise-Konzept: Das Raumkonzept ist der ,stille Verkäufer‘; das Visual-Merchandise-Konzept spricht den Kunden direkt an, und spielt deshalb eine entscheidende Rolle auf dem Weg des Kunden vom Interesse am Produkt bis zum Kauf – auch „Customer Journey“ genannt. Über das Visual Merchandising lassen sich Geschichten um und über das Produkt erzählen, die unmittelbar Auswirkungen auf den Kauf haben können.
Die Anforderungen an Ladengeschäfte wandeln sich (s. Kasten). Der Laden ist nicht mehr nur ein Warenlager, ein Verkaufsraum (Point of Sale) oder ein Raum zur Entgegennahme von Rezepten. Er muss die Werte des Betriebes vermitteln und sichtbar machen.
Die sinnliche Wahrnehmung spielt dabei eine entscheidende Rolle. 90 Prozent der Kaufentscheidungen werden durch visuelle Reize wie Farbe, Form und Anordnung beeinflusst. Aber auch die Akustik, das Material der Produkte und der Einrichtung und auch Wahrnehmungen über den Geruchssinn und den Tastsinn sind Schlüsselreize, die nicht unterschätzt werden dürfen. Auch sie können aufgrund ihrer Vielfältigkeit, ihrer Neuartigkeit und ihres Überraschungsgehaltes den Kunden stark aktivieren. Visual Merchandising ist also mehr als nur Dekoration. Die große Kunst ist es, den Kunden in verschiedene Warenwelten zu entführen, Emotionen zu wecken und so eine Offenheit für die Produkte und die Dienstleistungen zu erzeugen. Eine klare Wegführung und eine klare Produktplatzierung und Inszenierung sind hier wichtige Faktoren.
Neben den klassischen Methoden, Produkte zu inszenieren und dem eigenen Geschäft ein unverwechselbares Erscheinungsbild zu geben, gibt es heute auch eine Vielzahl neuer Technologien, mit denen Kunden mit Produkten und Marken in Kontakt treten können und die das Visual Merchandising unterstützen. Bildschirme im Wartebereich oder im Schaufenster können das Leistungsangebot des Betriebes mit Videos, Animationen oder Grafiken darstellen und so, noch vor dem Beratungsgespräch Informationen vermitteln und Interesse wecken.
Spezielle Präsentationen auf stationären Computern, zum Beispiel im Maßraum oder auf mobilen Geräten, können die Mitarbeiter sinnvoll in Beratungssituationen unterstützen, indem über sie zum Beispiel Krankheitsbilder, biomechanische Abläufe oder Produktlösungen visualisiert werden.

Der ganze Betrieb ist ein Verkaufsraum

Der Kunde muss nicht nur im Schaufenster oder im Laden in Kontakt mit der Ware oder den handwerklichen Leistungen kommen. Auch die Maß- und Analyseräume sind im Grunde Verkaufsräume, da sie durch ihre Einrichtung und technische Ausstattung die Kompetenz des Betriebes vermitteln und das Vertrauen in die Leistung des Betriebes stärken sollen. Natürlich müssen sie, je nach ihrer Funktion, gestaltet werden. Doch es spricht nichts dagegen, jene Orte, in denen man den intensivsten Kontakt zu den Kunden hat, auch für die Präsentation des eigenen Angebotes zu nutzen, zum Beispiel für Einlagenvarianten oder Schuhe für Problemlösungen (s. auch Abb. 2 im Beitrag ab Seite 24). Der Vorteil: Im Beratungsgespräch kann man direkt am Objekt die Vorzüge des Produktes erläutern.

Kleiner Leitfaden für das Visual Merchandising

  1. Visual Merchandising ist ein Konzept und ein wichtiges Utensil, um Kundennähe zu schaffen, Abverkäufe und Zusatzkäufe zu generieren.
  2. Visual Merchandising ist keine Dekoration: Visual Merchandising schafft Emotionen, Atmosphäre und Übersichtlichkeit.
  3. Visual Merchandising leitet und lenkt den Kunden, schafft Kun-denzonen und führt über eine Verkaufsfläche. Storytelling: Die Verkaufsfläche wird in einzelne, in sich schlüssige Themen auf-gegliedert und erhöht den Selbstbedienungsanreiz .

Das hilft:
1. Am besten einem Profi die konzeptionelle Erarbeitung überlassen und nachhaltig arbeiten: Ständiges (in regelmäßigen Abständen) Konzeptionieren mit allen Warengruppen.
2. Offen sein für viele Chancen der Darstellung der Ware: dem bewussten Arrangieren für die Kundensprache mit allerlei Werkzeugen der optischen Warenpräsentation.
3. Ein Raumbuch erstellen, das die Konzepte als Nachschlagewerk sammelt und fortwährend mit Profis zu optimieren ist.

Das sollte man lassen:
1. Dekorieren ohne Konzept
2. Warendarstellung kunterbunt durcheinandergewürfelt: Überfrachtete Geschäfte und unübersichtliche Schaufenster
3. Zu viele Schachteln in den Regalen, auf den Fachböden und im Mittelraum.