„Es geht darum, die Aufmerksamkeit des Kunden zu erhalten. Damit stellt sich die Frage der Wareninszenierung – und zwar genau in dem Maß, um von den Kunden wahrgenommen zu werden, die der Sanitätsfachhändler erreichen möchte.“ — Elke Park
Vom 26. Februar bis zum 2. März 2023 war es wieder soweit: Nach drei Jahren feierte die internationale Retailszene ihr großes Stelldichein auf der Euroshop in Düsseldorf. Auch Innenarchitektin Elke Park vom Planungsbüro Parkraum war vor Ort. GP fragte sie nach ihren Highlights.
GP: Nachhaltigkeit, digitale Beschilderung bzw. Digital Signage oder emotionale Wareninszenierung: Welches Thema prägt den Ladenbau am meisten?
Elke Park: Die Euroshop hat sich als wichtigste Retailmesse für Innovationen, Trends und Impulse für die Planung von Kundenflächen selbst übertroffen. Viele Aussteller präsentierten unter dem Thema Sustainability nachhaltige Produkte und Materialien. Sie zeigten, wie sich Natur in das Shopdesign integrieren lässt. Unglaublich fortschrittlich sind außerdem Stühle aus recyceltem PET-Filz.
Außerdem entwickelt sich die KITechnologie immer weiter und erlaubt, die Welt des Verkaufens völlig neu zu betrachten und aufzubrechen: Die Öffnungszeiten der Shops lassen sich aufheben. Nachts steuern Kameras das Geschehen bis hin zu Notfallrufsystemen. Daten sind der Schlüssel zum Retail von morgen. Ich vermute, es ist lediglich der Start in eine neue Dimension, das Thema Verkaufsflächen künftig komplett neu zu bespielen.
GP: Was ist dabei die Herausforderung?
Park: Es geht darum, die Aufmerksamkeit des Kunden zu erhalten. Damit stellt sich die Frage der Wareninszenierung – und zwar genau in dem Maß, um von den Kunden wahrgenommen zu werden, die der Sanitätsfachhändler erreichen möchte. Besonders hoch im Kurs steht Green Architecture. Echtbepflanzungen gestalten nicht allein die Show, sondern schaffen ebenso ein besseres Klima in den Verkaufsräumen zum Wohl der Kunden. Es ist eine Gratwanderung zwischen notwendiger Modernisierung und zu viel Future und menschenfernen „Gebilden“: Macht es z.B. Sinn, mit einer roboterähnlichen Hand den Service eines Menschen an der Kaffeemaschine zu ersetzen? Auch könnte eine komplette Naturinszenierung mit dem Gefühl einhergehen, sich eher im Dschungel als auf einer Verkaufsfläche zu befinden. Bei allen Aktivitäten darf die Story nicht aus den Augen verloren werden: Die Euroshop hat viele Bausteine aufgezeigt, welche die Qual der Wahl den Gestaltern überlassen. Doch sollte hinter jedem Shopkonzept die Sinnhaftigkeit des Einsatzes neuer Techniken hinterfragt werden.
Speziell zum Thema Nachhaltigkeit hatte die Euroshop einen großen Messestand eingerichtet. Produkthersteller und Gestalter stehen künftig vor der immensen Aufgabe, die Anforderungen an Nachhaltigkeit in ihre Aufgaben einzugliedern und sorgsam Materialien auszuwählen, Baumaterialien wiederholt einzusetzen und auf die Recyclingfähigkeit der Materialien zu achten.
Es wird daher zukünftig noch spannender und interessanter, eine Ladenfläche zu gestalten.
GP: Heute auf der Euroshop, morgen im Sanitätsfachhandel: Welche Themen und Trends sind für die Hilfsmittelbranche besonders wichtig?
Park: In jüngster Zeit hat das Thema Wohlfühlen an Bedeutung gewonnen. Nicht alleine die bloße Abwicklung eines Rezepts, sondern das positive Ambiente wird interessanter. Dies betrifft nicht alleine die Kunden, sondern auch die Mitarbeiter. Wie kann ich im Sanitätsfachhandel meinen Kunden animieren, über das Rezept hinaus Produkte einzukaufen? Antwort: indem sich die Verweildauer auf der Verkaufsfläche erhöht. Dazu hat die Euroshop viele Ideen geliefert, die auch wir bei Parkraum seit Jahren auf der Shopfläche bespielen: onund offline sowie Digital Signage in guter Mischung mit dem reellen Produkt.
Vor allem in unserer speziellen Gesundheitsbranche muss außerdem die Rezeptabwicklung zeitlich und administrativ gestrafft werden. Die diversen technischen Geräte erfordern Platz am Kassentresen. Verschlankungen in allen angesprochenen Bereichen wäre von elementarem Vorteil für Kunden und Mitarbeiter und Shopdesign. Deshalb habe ich mich über neuartige Kassensysteme und -technologien, die sich gleichzeitig durch ein attraktives Design auszeichnen, erkundigt. Generell kann die Digitalisierung die Mitarbeiter bei der Beratung und Bedienung ihrer Kunden unterstützen – gerade im Hinblick auf fehlendes Fachpersonal.
GP: Was raten Sie dem Sanitätsfachhandel?
Park: Ich wünsche mir grundsätzlich viel mehr Mut auf den Verkaufsflächen und in den Kabinen. Die Aufmerksamkeit der Kunden zu erhalten, ist das A und O im Ladenbau. Mehr Mut zu farbigen und vielfältigeren Materialien also, egal ob Bodenbelag, an den Wandflächen oder an der Decke: Heutzutage gibt es keine Grenzen für die Gestaltung. „Open your eyes“ für viele Möglichkeiten, lautet daher das Motto. Wir Innenarchitekten kreieren die Sichtbarkeit einer Marke und freuen uns, wenn wir sinnhafte und außergewöhnliche Materialien richtig dosiert einsetzen können, verknüpft mit neuen Technologien zum Nutzen der Umsatzsteigerung: Greening plus Digital Signage plus formvollendetes Wohlfühlambiente im Sanitätsfachhandel sind bedeutende Trends für die Zukunft.
GP: Welche Präsentation hat Sie am meisten überrascht?
Park: Als Messebesucherin befinde ich mich auf der Reise durch die Messehallen in der Rolle einer Kundin: immer wieder ein Wow, ein Effekt hier und unglaublich interessante Materialien dort. Die visuellen Eindrücke haben selbst mein Innenarchitektinnen-Auge übermannt. Ich war geflasht von Bildschirmund Flächenproduktionen im digitalen Bereich – um kurz darauf wieder von der Stille der Natur eingeholt zu werden. Manche Stände verwandelten den Messebesuch in ein Naturerlebnis mit vielen Pflanzen. Das Zusammenspiel von Natur, gutem Klima und Schallschutz berührt die eigenen Sinne unglaublich. Darüber hinaus entwickeln sich die Standpräsentationen weiter. Anstelle reiner Produktshows tritt immer mehr Storytelling. Die Produkte, insbesondere die Präsentation der Mannequins, werden in eine Userstory eingebunden.
Mich hat einiges überrascht und beeindruckt. Die Unterschiedlichkeit der Themen und Vielfalt setzt Shopgestaltungen keine Grenzen mehr. Und last but not least gehörte das Treffen von Menschen, die ich fast drei Jahre nicht gesehen hatte, zu den wesentlichen Highlights